Begabte Mädchen und Frauen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Obwohl Jungen nicht schlauer sind als Mädchen, sondern beide Geschlechter im Durchschnitt eine vergleichbar hohe Intelligenz zeigen, sind Mädchen in Fördermaßnahmen für Hochbegabte unterrepräsentiert – ebenso wie hochbegabte Frauen in den einflussreichen Positionen in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik.

 

Woran liegt das?

 

Nachfolgend sind einige Gründe aufgelistet, die dazu führen können, dass hochbegabte Mädchen ihr Potenzial weniger gut entfalten können als hochbegabte Jungen.

 

1. Eine Hochbegabung wird bei Mädchen seltener erkannt als bei Jungen.

 

Hochbegabte Jungen reagieren in der Schule auf Unterforderung viel häufiger mit Verweigerung und Rebellion, mutieren zum Störenfried oder "Klassenclown". Ihre Unzufriedenheit drücken sie unübersehbarer durch auffälliges Verhalten aus, Lehrer und Eltern reagieren darauf entsprechend mit der Suche nach der Ursache.

 

Hochbegabte Mädchen reagieren auf Unterforderung und Unzufriedenheit jedoch eher mit Resignation, Rückzug und diffusen psychosomatischen Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen, Depressionen oder Essstörungen. Sie fressen ihren Kummer eher in sich hinein und bleiben nach außen länger unauffällig.

 

Mädchen haben ein stärkeres Bedürfnis, nicht aus einer Gruppe herauszufallen, sondern sich ihr anzupassen und nicht "anders" zu sein als die anderen, verstecken dafür sogar ihre Fähigkeiten und Talente und passen sich eher den Leistungen und Interessen der Gruppe an.

 

Hochbegabte Frauen berichten, dass sie in der Schule mit Absicht schlechte Noten geschrieben haben, um nicht als Streber dazustehen, Neid zu erzeugen und gemobbt oder aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Lehrer und Eltern haben es daher schwerer, hochbegabte Mädchen zu erkennen.

 

Außerdem halten viele Eltern eine Hochbegabung bei ihren Söhnen immer noch für wahrscheinlicher als bei ihren Töchtern. Eltern erscheinen meist zuerst mit ihren Söhnen bei einer Hochbegabungsdiagnostik.

 

2. Selbstbild und Selbstbewusstsein

 

Das weibliche Selbstvertrauen ist durch Erziehung und veraltete Rollenklischees häufig geringer ausgeprägt als das männliche und Mädchen und Frauen schätzen ihre eigenen Fähigkeiten daher oft schlechter ein, als sie es in Wirklichkeit sind.

 

Während sich Männer nach dem Start in die Freiberuflichkeit noch am heimischen Wohnzimmertisch und ohne einen einzigen Auftrag bereits nach außen als Unternehmer präsentieren, sprechen Frauen mit fertig eingerichtetem Büro und den ersten Aufträgen in der Tasche noch vorsichtig davon, sich zur Zeit an eine mögliche Freiberuflichkeit heranzutasten.

 

Musikdozenten berichten, dass Frauen bei Einstufungsgesprächen zu Workshops ihr Können auffallend häufig unterschätzen und sich daher eher fälschlicherweise in Anfängergruppen anmelden, statt bei den fortgeschrittenen Teilnehmern, was ihrem Leistungsstand entsprechen würde. Bei männlichen Teilnehmern sei die Selbsteinschätzung dagegen häufiger umgekehrt.

 

Hochbegabte Mädchen glauben auch eher, dass sie ihre guten Noten allein Fleiß und Anstrengungen zu verdanken haben und bringen ihre Leistungen nicht automatisch mit besonderer Begabung in Verbindung. Diese Einschätzung ist auch bei vielen Lehrern vorhanden, die schulische Erfolge bei Jungen eher auf Begabung als auf Fleiß zurückführen.

Interessant ist dabei auch, dass hochbegabte Mädchen und Frauen das Ergebnis eines positiven IQ-Tests eher anzweifeln als Männer und tendenziell mehr Mühe haben, die Hochbegabung auch anzunehmen.

 

3. Breite Interessen vs. Spezialwissen

 

Hochbegabte Jungen interessieren sich häufig schon früh für ein bestimmtes Spezialgebiet, mit dem sie sich dann intensiv beschäftigen. So können sie in diesem Themenfeld früher herausragende Spitzenleistungen erbringen. Begabte Mädchen haben dagegen häufiger ein breites Interesse an ganz unterschiedlichen Themen. Viele Interessen zu verfolgen kostet aber Zeit und in einzelnen Bereichen herausragende Leistungen zu zeigen dauert entsprechend länger.

 

4. Fehlende weibliche Vorbilder, überholte Rollenklischees

 

Kinder brauchen Vorbilder, an denen sie sich orientieren, mit denen sie sich identifizieren können. Herausragende Leistungen sind im Verlauf der Menschheitsgeschichte jedoch überwiegend von Männern dokumentiert, die soziokulturellen Gründe dafür sind bekannt.

 

Nehmen sich begabte Mädchen und Frauen erfolgreiche Männer zum Vorbild, stoßen sie auf eine weitere Hürde: Forsche, energische und durchsetzungsstarke Frauen werden häufig als unsympathisch wahrgenommen, während diese Eigenschaften bei Männern erwünscht sind und positiv bewertet werden.

So gut wie alle einflussreichen Branchen unserer Gesellschaft sind jedoch Männerdomänen, in denen Frauen sich behaupten müssen, wenn sie etwas erreichen wollen.

 

Literatur:
4, 5, 6, 8, 11

 

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