27.8.2022                                  Interview mit Dr. Jürgen vom Scheidt 

 

DR. JÜRGEN VOM SCHEIDT, Jahrgang 1940, ist Diplom-Psychologe und leitete 51 Jahre (1970-2021) eine eigene Praxis. Er ist Autor zahlreicher Sachbücher, Science-Fiction-Romane und -Kurzgeschichten und war viele Jahre freier Mitarbeiter bei verschiedenen Rundfunkanstalten, Zeitungen und Zeitschriften. Neben seinen Arbeiten zum Thema Hochbegabung machte er sich als Lehrer für "Kreatives Schreiben" einen Namen und war von 1996 bis 2008 begleitender Dozent bei der Celler Schule. Mit seiner Frau Ruth Zenhäusern (1946–2016) leitete er die Münchener Schreib-Werkstatt. 1996 gründeten sie das Institut für angewandte Kreativitätspsychologie (IAK) und entwickelten mit HyperWriting eine Schreib-Form, die literarisches Schreiben mit Schreiben als Selbsterfahrungs- und psychotherapeutischem Werkzeug kombiniert. Das Ziel ist u.a. der Abbau von Schreibblockaden und die Entfaltung brachliegender Talente bei Hochbegabten. Das IAK bietet regelmäßig Seminare und Workshops zum Thema "Kreatives Schreiben" an.

2004 veröffentlichte Dr. Jürgen vom Scheidt das Sachbuch "Das Drama der Hochbegabten – Zwischen Genie und Leistungsverweigerung", das zu den wichtigsten Sachbüchern über Hochbegabung im deutschsprachigen Raum gehört. Er beschreibt dort als einer der Ersten die markanten Persönlichkeitsmerkmale, die man bei Hochbegabten überdurchschnittlich oft findet und entwickelte daraus die Methode "Brainspotting", um Hochbegabte schneller identifizieren zu können. Der Begriff ist nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Methode zur Traumaverarbeitung, die fast zeitgleich von dem amerikanischen Psychotherapeuten David Grand entwickelt wurde.
Dr. Jürgen vom Scheidt ist selbst hochbegabt und Vater dreier hochbegabter Kinder. Er lebt in München.

 

 

 

1. Sie haben Psychologie studiert. Wie und wann sind Sie auf das Thema Hochbegabung gestoßen? 

 

Ein mir bekanntes Kind wurde in der Schule immer schlechter und verweigerte mit 13 den Schulbesuch. Die Eltern konsultierten mich und ließen es testen, weil es intelligent genug erschien. Am selben Tag erzielte es in zwei Tests hintereinander einen IQ von über 130. Da kam ich ins Grübeln und fing an zu recherchieren. So stieß ich schließlich auch auf die markanten Persönlichkeitsmerkmale, die man bei hochbegabten Menschen auffallend häufig finden kann.

 

2. Mit dem Wissen um diese Persönlichkeitsmerkmale kann man Hochbegabte mit etwas Übung schnell erkennen. Sie haben dazu den passenden Begriff "Brainspotting" kreiert. Der amerikanische Psychotherapeut David Grand benannte seine 2003 entwickelte Methode zur Traumaverarbeitung ebenfalls so. War das eine konvergente Entwicklung?

 

Mir fiel der Begriff spontan im Jahr 2000 während der Arbeit an meinem Buch "Das Drama der Hochbegabten" ein.

 

3. Mit dem Buch "Das Drama der Hochbegabten – Zwischen Genie und Leistungsverweigerung" haben Sie ein sehr erfolgreiches Sachbuch zu diesem Thema geschrieben. 

 

Ein Bestseller war es zwar nicht. Der Kösel-Verlag druckte 6.000 Exemplare, von denen nur 4.000 verkauft wurden – der Rest wurde verramscht. Aber das Taschenbuch bei Piper verkaufte sich ganz gut und wurde nachgedruckt. Genaues darüber weiß ich allerdings nicht. Taschenbuch-Startauflagen liegen bei ca. 5.000, Nachauflagen jeweils bei ca. 3.000 Exemplaren. Das ergibt insgesamt eine Gesamtauflage von 14.000 Exemplaren und ist nicht schlecht für ein Sachbuch. Ich hatte mir wegen des Themas mehr erwartet, aber eine sehr negative (und m.E. bösartige, uninformierte) Kritik in der "Psychologie heute" hat das Buch praktisch "vernichtet". 

 

4. Wie ist die Idee zu Ihrem Buch entstanden? 

 

Der Ur-Impuls war ein heftiger Streit mit meinem Sohn über seine Schulprobleme, bei dem ich ihm frustriert drohte: "Ich werde ein Buch über Dich schreiben!", was ich dann auch tat. Mit diesem Sohn habe ich inzwischen längst meinen Frieden gefunden. Es ist ja auch schwer, mit "so einem Vater" wie mir einen eigenen Weg zu gehen. Meinen beiden anderen Söhnen ist das allerdings gut gelungen, vielleicht weil sie Scheidungskinder sind? Die Welt und die Psyche sind kompliziert. Auch mit den beiden anderen Kindern aus meiner ersten Ehe geht es mir übrigens längst wieder sehr gut.
Angeregt zum Buchprojekt wurde ich dann ursprünglich durch einen Artikel von einer Psychologin in der Süddeutschen Zeitung über das Thema "Hochbegabung", der mir sehr gefiel. Ich kontaktierte sie und wir überlegten erst, gemeinsam ein Buch zu schreiben. Aber da ich mit so einem Co-Writing schon mal schlechte Erfahrungen gemachte hatte und eigentlich, was Bücherschreiben angeht, ein Einzelkämpfer bin, entschloss ich mich, es allein zu schreiben. Das war auch die richtige Entscheidung. Ich habe jedoch mit meiner verstorbenen Frau Ruth ein Buch gemeinsam geschrieben: "Wege aus der Einsamkeit", und als 19jähriger Schüler zusammen mit fünf Freunden im Science Fiction Club Deutschland (SFCD) einen ganzen Roman, der auch veröffentlicht wurde: "Das unlöschbare Feuer". Ich kann das also, aber wie gesagt, eigentlich bin ich ein Einzelkämpfer, außer in den Seminaren, wo natürlich immer gemeinsam geschrieben wurde, wenngleich an eigenen Projekten.

 

5. Wie entstand der Kontakt zum Verlag?

 

Das fertige Manuskript in einem Verlag unterzubringen, war entsetzlich schwierig. Ich habe meinem damaligen Agenten 26 (!) immer neue Exposés geschrieben, er konnte nichts damit anfangen. Auch drei (!) andere Agentinnen waren danach nicht dazu in der Lage. Dann rief ich spontan beim Kösel-Verlag die Cheflektorin an (die mich mal wegen eines Buches über "Kreatives Schreiben" kontaktiert hatte) und drei Tage später hatte ich den Vertrag. Leider bestand der Verleger auf dem schwachen Titel "Das Drama der Hochbegabten" – schwach wegen der Nähe zu "Das Drama des begabten Kindes" von Alice Miller. Ich hätte lieber den Titel "Latente Talente" gehabt.

 

6. Wie lange haben Sie an Ihrem Buch geschrieben?

 

Ich bekam 25.000 Euro Vorschuss für dieses Buch, an dem ich sechs Jahre gearbeitet habe. Ich habe mir einen Stundenlohn von 12 Euro errechnet - eine Reinigungskraft verdient mehr.

 

 

7. Welche besonderen Reaktionen auf das Buch sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

 

Negativ war die wirklich miserable und unprofessionelle Rezension in der "Psychologie heute". Aber positiv waren die unzähligen Reaktionen von Betroffenen, die sich endlich verstanden fühlten. Daraus sind viele Einzelberatungen und Seminare entstanden. Um ein Beispiel herauszugreifen: Eine Mutter fragte um Rat, wie sie ihrem hochbegabten Kind helfen könne. Ich gab ihr einen Rat von Andrea Brackmann weiter, die Eltern in so einem Fall rät, an der eigenen Hochbegabung zu arbeiten, die man immer vermuten kann. Das brachte auch in diesem Fall den Durchbruch. Die Frau kam zu mir in ein Schreib-Seminar, entdeckte und entfaltete ihre eigenen Talente. Daraus entstand, wie in vielen solchen Fällen, eine Freundschaft, die bis heute anhält.

 

8. Viele erwachsene Hochbegabte berichten, dass sie schon als Kinder durch Intelligenz-Tests von ihrer Hochbegabung erfahren haben, aber ihnen die reine IQ-Zahl nicht weitergeholfen hat. Erst durch das Wissen um die Persönlichkeitsmerkmale hätten sie ihre Biografie verstanden und auch negative Erlebnisse mit dem normalbegabten Umfeld einordnen können. Wie war das bei Ihnen und Ihren Kindern?

 

Das kann ich nur bestätigen. Auch ein anderes meiner Kinder hat sich inzwischen bei "Mensa e.V.", dem Verein für Hochbegabte, testen lassen. Als Studienstiftler sind er und seine Frau sowieso als hochbegabt einzustufen und auch seine drei Kinder sind getestet und hochbegabt. Mir selbst hat die Erkenntnis, hochbegabt zu sein (zu Beginn meines Studiums nahm ich erfolgreich an einem Test teil, das war 1961 Teil der Eignungsprüfung) erst durch die Arbeit an dem Buch wichtige Einsichten verschafft und viel geklärt, was mir vorher nicht bewusst war.

 

9. In den USA geht man mit dem Thema Hochbegabung ganz anders um als in Deutschland. Man ist dort stolz auf seine Talente, Förderungen und Stipendien für Hochbegabte in Schulen und Universitäten sind Usus. In Deutschland ist der Begriff eher negativ besetzt, Förderungen sind noch immer rar und viele Hochbegabte verstecken ihre Talente lieber. Warum ist das nach Ihrer Meinung in Deutschland so?

 

Keine Ahnung, ich kann nur vermuten, dass das alter "Dünkel" der Eliten ist. Aber vielleicht steckt dahinter auch ein Vorurteil der Medien (Journalisten, Redakteure), die annehmen, dass so ein "negativer Touch" ein Thema interessanter macht? Angeblich ist man ja auch in Deutschland auf Erfolg neidischer als in den USA – das würde passen.

 

10. Sie raten in Ihrem Buch Hochbegabten trotzdem zum "Getting Out", weil die Überanpassung einer belastenden Selbstverleugnung gleichkommen würde. Wie soll man Ihrer Meinung nach vorgehen, wenn man damit vielleicht riskiert, Partner oder Freunde zu verlieren?

 

Das erwähnte "Risiko" geht man bei jeder wichtigen Entscheidung ein. Corona und das Impf-Thema haben viele Familien gespalten. Der Krieg gegen die Ukraine auch. Wer sich als "homosexuell" outet, oder wegen Missbrauchserfahrungen, geht ein Risiko ein. Man sollte sich auf jeden Fall mit jemandem beraten, der wohlmeinend ist. Letztlich muss man den "Weg " dann selbst gehe. Aber es gibt ja Institutionen wie Mensa e.V., wo man Gleichgesinnte und Menschen mit ähnlichen Erfahrungen findet – und entsprechendes Verständnis.

 

11. Das Thema "Schreiben" hat in Ihrem Leben einen zentralen Stellenwert. Sie haben das "Kreative Schreiben" in Deutschland populär gemacht und bereits in den 1980er Jahren erste Workshops und Seminare veranstaltet. Welchen Nutzen können speziell Hochbegabte nach Ihren Erfahrungen aus dem kreativen Schreiben ziehen?

 

Schreiben ist nach meiner Erfahrung das geistige "Werkzeug" schlechthin, nicht nur für Hochbegabte, aber Hochbegabte können es wohl effizienter nützen. Als Akademiker (die Universitäten und Hochschulen als "Brutstätten" für Hochbegabte) kann man ohne Schreiben von Texten (Seminararbeiten über Dissertationen bis zur Habilitation)  überhaupt keinen "Blumentopf gewinnen".


12. Welche Schreibformen empfehlen Sie? Genügt schon das Tagebuchschreiben oder soll es möglichst ein ganzes Buch werden?

 

Tagebuch zu führen ist ein guter Anfang. Zum "Buch" gibt es dann viele Zwischenschritte, wie z.B. Essays, Kurzgeschichten, Lyrik, mit mehr oder minder hohem Anspruch. Ein Roman oder Sachbuch (oder auch eine Autobiographie) ist dann gewissermaßen die "Meisterklasse". Viele Bücher zu schreiben, also "Schriftsteller als Beruf" ist dann das andere Extrem – und entsprechend risikobehaftet, weil man nie mit dem nötigen Erfolg rechnen kann. Vom Bücherschreiben allein leben können nur die allerwenigsten Autoren. Das ist einer der vielen prekären, kreativen Berufe mit Solo-Selbständigkeit.

 

13. Was können Sie aus Ihrer Erfahrung im Hinblick auf den Nutzen des Schreibens erwachsenen Underachievern empfehlen, also Hochbegabten, die ihre Begabung aus verschiedenen Gründen nicht ausschöpfen (können) und darunter leiden?

 

Zunächst einmal ist das Tagebuch-Schreiben ein guter und verlässlicher Weg der Selbsterfahrung und Selbstvergewisserung. Es ist aber auch eine bunte Spielweise, auf der man sehr verschiedene Schreib-Talente entwickeln kann. Ein Beispiel: Eine mir bekannte Apothekerin hat in einem meiner Schreibseminare vor vielen Jahren die Kunst des japanischen Haiku-Gedichts kennengelernt. Sie war davon so angetan, dass sie Japanisch lernte, immer wieder nach Japan reiste und sich dort schließlich einen Haiku-Meister suchte. Diesen konnte sie sogar zu einem Vortrag nach München locken, wo ich ihn (hier schließt sich der Kreis) als "Verursacher" dieser tollen Entwicklung kennenlernen durfte.
Es gibt tausend Möglichkeiten, sich im Schreiben selbst zu entdecken, Probleme zu bearbeiten und eben auch aus der Enge des Underachieverns sich schreibend einen Weg freizuschaufeln. Nicht leicht, aber möglich. Ich habe das oft in meinen Seminaren erlebt.

 

14. Wie sieht das mit den spät Entdeckten aus, also Menschen, die ihre Hochbegabung erst im Erwachsenenalter entdeckt haben. Kann es bei der Verarbeitung der Vergangenheit auch helfen, die eigene Vita auf diesem Wege quasi neu zu schreiben?

 

Nun, ich habe meine eigene Hochbegabung entdeckt, als ich schon fast 40 war. Dass ich nicht dumm bin, wusste ich schon vorher, klar, mit Abitur und Hochschulabschluss (Diplom, Promotion) liegt so eine Vermutung nahe. Aber erst, als ich im "Selbst-Test" die vielen möglichen Merkmale als Hinweis auf eine Hochbegabung zusammentrug und mich damit auch selbst einschätzte, war es dann klar. Weitere Sicherheit verschaffte mir die Hochbegabung meiner Kinder und Enkel sowie viele Vermutungen in dieser Richtung bei meinen Vorfahren. Zwei meiner Urgroßväter waren sicher hochbegabt. Von einem (auf der väterlichen Linie) habe ich drei aufschlussreiche Tagebücher geerbt. Der andere war ein erfolgreicher Bauunternehmer und Stadtrat. Da wird also in der Tat viel vererbt an Potenzial.
Und ja: Man fängt dann an, die eigene Vita neuzuschreiben, vor allem gelassener zu werden.
Ich war schon 80, als mir die Lektüre von Frau Brackmanns drittem Buch über die "Höchstbegabten" eine Ahnung verschaffte, dass dies vielleicht auch bei mir der Fall sein könnte. Aber das ist noch heikler, als sich eine Hochbegabung einzugestehen.

 

 

 

 

15. Ihr Buch "Das Drama der Hochbegabten" ist 2004 erschienen. Sie erwähnen dort auch das Problem der belastenden Isolation und Einsamkeit in die Hochbegabte abrutschen können. Als mögliche Lösung beschreiben Sie Ihren Traum von einem Netzwerk, in dem "Creative Writing" eine zentrale Rolle spielt, da es das Werkzeug sei, das geistige Freiheit und sozialen Kontakt unterstützt und ein idealer Begleiter für seelisches und soziales Wachstum ist. Konnte sich so ein Netzwerk fast 20 Jahre später in Ihren Augen etablieren und wenn ja wo finden Interessierte dies?

 

Nun, dieses Netzwerk habe ich insofern initiiert, als viele Teilnehmer meiner Seminare Kontakte weiter gepflegt und sich teils auch in eigenen Schreibgruppen selbst organisiert haben. 1988 gründete ich mit meiner Frau und einigen Freunden den "Pegasus Verein für kreatives Schreiben". Ich war lange 1. Vorsitzender und habe das nach sieben Jahre abgegeben. Der Verein existiert heute noch erfolgreich, veranstaltet Lesungen etc. Hier der Link:

www.pegasus-schreiben.de

 

Schon mit 15 bin ich einem ganz anderen Biotop beigetreten, in dem wir viel gemeinsam geschrieben und diskutiert haben, dem Science Fiction Club Deutschland (SFCD) . Ich bin zweimal wieder ausgetreten und Anfang dieses Jahres 2022 zum dritten Mal Mitglied geworden, weil das wirklich ein sehr hilfreiches Netzwerk und "Biotop" für meine Talente war (nicht nur, was das Schreiben angeht). Ich habe kürzlich einen autobiographischen Rückblick für die Zeitschrift des SFCD verfasst, in dem ich die kühne (aber m.E. gut belegte) These aufstelle, dass "Science-Fiction eine Literatur von Hochbegabten über Hochbegabte und für Hochbegabte" sei.

 

16. Sie bezeichnen das Schreiben als zentrales Merkmal für Hochbegabung und dass Hochbegabte mit diesem Werkzeug weit mehr als Normalbegabte schaffen können. Was genau meinen Sie damit?

Nun, jeder Mensch kann Informationen aufnehmen, verarbeiten, speichern und abgeben. Das Gehirn von Hochbegabten ist dazu weit überdurchschnittlich gut in der Lage. Man sollte allerdings nicht "Potenzial" und "Erfolg" auf welchem Gebiet auch immer verwechseln. Ich kenne viele Hochbegabte, die beruflich gescheitert oder dort mit mäßigem Erfolg unterwegs sind, gerade in den kreativen Berufen.
Wenn man sich die Weltgeschichte anschaut, ist ganz deutlich zu erkennen, dass die überdurchschnittlich Begabten spätestens ab Entstehung der Stadtzivilisationen und der damit einhergehenden Erfindung der Schrift "das Sagen" haben. Ich habe daraus die These entwickelt, dass die Hochbegabten so etwas wie eine neue Unter-Spezies des Homo sapiens sind. Dafür habe ich ordentlich Prügel bekommen, aber ich denke, viele Argumente sprechen dafür. Aktuelle Beispiele: Die Milliardäre, die binnen weniger Jahre durch die Digitalisierung ihren Erfolg gründeten: Bill Gates (Microsoft), Jeff Bezos (Amazon), Mark Zuckerberg (Facebook), Larry Page und Sergey Brin (Google). Programmieren und Organisieren sind Varianten des Schreibens, mit denen sich in der vernetzten Welt des Internet enorm viel Geld verdienen lässt. Das sind – Ferndiagnose Brainspotting – allesamt Hochbegabte, mindestens.

 

17. 2022 haben Sie Ihre langjährigen Schreibseminare in München in die Hände Ihres Sohnes Jonas gelegt, der sie weiter fortführen wird. Wie war die Zusammensetzung der Teilnehmer in der langen Zeit, haben sich auch viele Hochbegabte in Ihren Kursen eingefunden?

 

Das waren wohl überwiegend Hochbegabte, was man sowohl an den Texten wie an der Teilhabe am Seminargeschehen spüren konnte.

 

18. Pandemiebedingt mussten Sie Ihre Präsenzkurse auf die digitale Form umstellen. Hat das gut funktioniert, wie ist Ihre Bilanz hierzu?

 

Schwer zu sagen. Ich habe das gerne gemacht. Meine letzten großen Kurse "Kreatives Schreiben" für die "Berufsbegleitende Akademie Breitenbrunn", mit je einem Dutzend Teilnehmer, habe ich 2020 und 2021 coronabedingt in Form von Video-Konferenzen gemacht. Darüber war ich froh, weil man mit 80, schon gar während einer Pandemie, nicht mehr so gerne reist. Aber die Studierenden waren auch zufrieden, was man deutlich an ihren Texten ablesen konnte. Ich habe die besten davon in einer Anthologie für die Studierenden veröffentlicht. 
Ich bin auch Mitglied eines Stammtisches zur Science-Fiction, der sich "Phantasten" nennt, und dabei habe nicht nur ich gute Erfahrungen mit Video-Konferenzen (Jitsi und Zoom) gemacht. 
Man muss so etwas nur "kreativ" machen und die neuen digitalen Möglichkeiten (Bild- und Filmzuspielungen) nutzen. Da wird sicher vieles bleiben, vor allem, weil uns Corona vielleicht nie wieder verlassen wird, oder andere Pandemien kommen. Ein abschließendes Urteil ist aber aktuell noch kaum möglich. Das sind einfach neue Möglichkeiten, die man nutzen kann.

 

19. Was hat sich seit der Veröffentlichung Ihres Buches nach Ihrer Meinung für Hochbegabte in Deutschland verbessert und wo sehen Sie noch deutlichen Verbesserungsbedarf?

 

Nun, das ist eben jetzt ein "richtiges Thema" geworden. Es gibt, wie ich bei meinen Enkeln sehen kann, neue schulische Fördermöglichkeiten, etwa in Form eigener Hochbegabten-Klassen. Drei meiner Enkel haben bei "Jugend forscht" Preise gewonnen. Einer von ihnen hat mit einer Umwelt-Simulation schon zweimal den ersten Preis bei "Jugend experimentiert" und dazu ein Praktikum in einem Architekturbüro erhalten, mit 14. Solche Möglichkeiten gab es früher nicht.
Ja, das Thema ist in der Gesellschaft angekommen. Aber es gibt sicher noch viel zu tun. Letztlich müssen die Betroffenen selbst ihren Weg erkennen, gehen und sich z.B. Mentoren suchen.

 

20. Unter welchen Links können interessierte Leser Ihre digitalen Beiträge im Internet verfolgen?

 

Ich habe seit zwei Jahren einen Blog, in dem ich auch typische Hochbegabungs-Themen behandle, nicht immer extra ausgewiesen. Demnächst werde ich dort eine ganze Serie speziell zum Thema Hochbegabung veröffentlichen, darunter auch meinen überarbeiteten Selbst-Test aus dem Buch "Das Drama der Hochbegabten", das ja nicht mehr lieferbar, aber z.B. noch über Antiquariate oder immer wieder auf Amazon zu finden ist. Auf der Startseite meines Blogs findet man in der "Kategorien-Wolke" den Begriff "Hochbegabung", der etliche Beiträge zugänglich macht, in denen Hochbegabung eine Rolle spielt.  Hier der Link zum Blog:


www.hyperwriting.de

 

Lieber Herr Dr. vom Scheidt, ich danke Ihnen herzlich für das Interview!

 

 

Fotos: Privatarchiv Dr. Jürgen vom Scheidt

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